von AK & Tom

Ankommen, durchatmen, relaxen - das Meer so nah, das Essen so gut, die Menschen so toll, das Bett so weich - wir haben das "AMUURA-Feeling" eine ganze Zeit lang genossen um dem Trubel zu entkommen und um einfach mal die Seele baumeln zu lassen an diesem wundervollen Ort!
Nach den stressigen letzten Vorbereitungen zu Hause, dem lan-gen Flug über Doha nach Colombo und dem hektischen Trubel in der fremden Großstadt, mit ihren vielen Eindrücken und Menschen, haben wir uns entschieden, das neue Jahr in einem Haus am Strand zu begrüßen und für ein paar Tage an einem Ort zu bleiben.
Es ging also mit dem Zug weiter nach Beruwala, in ein wunderschönes Haus am Strand. Zug fahren auf Sri Lanka - ein Abenteuer für sich. Wie funktioniert das überhaupt?
Wie kriegt man einen Sitzplatz? In welcher Klasse? Während der Reisevorbereitung hatten wir gelesen, dass es in den Zügen drei Klassen gibt. Erste Klasse mit Sitzplatzreservierung und mit Klimaanlage jedoch dem Nachteil, dass man die Fenster nicht öffnen kann um Fotos zu machen. Zweite Klasse mit Sitzplatzreservierung und gepolsterten Bänken, Fenster offen. Und dann noch die dritte Klasse, wo auf den Holzbänken neben den meisten Einheimischen auch "Stückgut" mitgenommen wird, unter anderem wohl auch Hühner. Oha!
Nachdem wir es nicht für möglich hielten mit unserem ganzen Gepäck in ein Tuk Tuk zu passen (Anfänger!) sind wir in einem - auch nicht viel größeren - Taxi zum Bahnhof gefahren. Im Getümmel der Menschen wurden wir zum Schalter "All railway stations" gelotst und haben dort zwei Zugtickets für sagenhafte 220 Rupien, also 1,37 Euro für die zweite Klasse erstanden - die Option einen Sitzplatz zu reservieren gab es nicht.
Mit den Zugtickets, die aus einem kleinen, viereckigen Stück Pappe mit Schriftzeichen und dem Wort BERUWALA bestanden, haben wir uns zu den anderen Wartenden an Zugsteig 5 gesellt. Natürlich waren wir viel zu früh da und mit uns unzählige weitere westliche Gesichter mit viel Gepäck und noch mehr Einheimische. Also beobachteten wir eine Stunde lang die anderen Bahnsteige, sahen übervolle Züge kommen und über-übervolle Züge gehen. Unzählige Menschen lehnten aus den offenen Fenstern, saßen zu dritt auf zwei Sitzen, standen in Gängen und in den offenen Zugtüren. Ein kurzer Halt, wer nicht in der Nähe der Tür stand um auszusteigen, wurde von der Menschenmenge der Einsteigenden einfach zurück in den Zug gedrängt. Manche stiegen sogar durch die offenen Fenster aus... uns wurde etwas mulmig.
Mit der Zeit füllte sich auch unser Bahnsteig zunehmend und obwohl wir uns schon in eine (wie wir dachten) strategisch gute Position gebracht hatten, stieg langsam das ungute Gefühl auf, dass wir nie und nimmer mit Gepäck in diesen Zug passen würden. Aus dem Lautsprecher über uns plärrte eine Frauenstimme laut und blechern irgendetwas unverständliches - die Einheimischen blieben ruhig, also blieben wir es auch. Nachdem der Zug mit nur 15 Minuten Verspätung einrollte wurde unsere insgeheime Hoffnung auf wundersame Weise bestimmt einen leereren Zug zu erwischen, innerhalb von einer Millisekunde zerstört. Der Zug war voll, randvoll und in der sich gen Türen drängenden Menschenmenge lag der Fokus ganz klar darauf, dass wir uns bitte bloß nicht verlieren!
30 Sekunden später hatte uns die Menge mit sich in den Wagen geschoben, alle Gepäckstücke waren noch da und wir standen im Gang des Abteils. Die Gepäckablagen hatten noch Platz für unsere Rucksäcke, die Taschen blieben mit uns im Gang stehen. Es war stickig und heiß, Menschen drängten an uns vorbei, quetschten sich vor und hinter uns durch, stiegen über unser Gepäck. Die drei Ventilatoren über uns waren aus. Aber: Wir waren drin! Glücklich und drin! Es konnte also los gehen, stehend oder sitzend war nun auch egal. Hauptsache los und viiiel Fahrtwind durch die offenen Fenster.
Es ging aber nicht los. Es ging 45 Minuten lang nicht los. Wir standen im stehenden Zug, sahen Händler Rechenhefte und riesige Luftballons anpreisen (Danke, aber nein danke!), Popcorn, undefinierbares Frittiertes (verkauft in kleinen Tütchen aus recycelten Mal- und Rechenheften der Kinder, wohl für die Extranote Buntstiftgeschmack), kalte Getränke, Brote und und und... Wir ergaben uns unserem Schicksal und das Gefühl mit Klamotten in einer Dampfsauna zu stehen manifestierte sich in Sturzbächen und klitschnasser Kleidung. Es wurde still im Zug, das anfängliche Geschnatter wich einer leidenden Stille. Bitte fahr los...und endlich ruckte der Waggon und rollte in Zeitlupe aus der dunklen Bahnhofshalle in die Sonne.
Da wir nicht den Express Zug sondern einen Commuter erwischt hatten, der an jeder Gießkanne hielt, war die maximale Fahrtgeschwindigkeit schnell erreicht und das monotone rattern der Schienen gab den Takt der Reise vor. Steht man im Gang, sieht man leider auch nichts von der vorbeiziehenden Landschaft, da die Fenster tiefer liegen. Leicht gebückt sehen wir rechts das Meer und links kleine Häuschen und Palmen und auf beiden Seiten viel Müll. Berge von Plastikflaschen und anderem unachtsam in die Gegend geworfenem Krempel säumen jede noch so schöne Ecke. Die Menschen hier haben wohl noch andere Prioritäten. Alle paar Minuten fahren wir durch eine beißende Rauchwolke, der Müll wird in Lagerfeuern am Straßenrand verbrannt. Hust!
Nach einer Stunde Fahrt sind wir da, nichts wie raus aus der srilankanischen Sardinenbüchse. Luft, Platz! Wir geben unser klitschnasses Zugticket beim Verlassen des Bahnhofes ab und finden uns sofort umringt von Tuk Tuk Fahrern, die uns ihre Dienste anbieten. Nein, danke - die Priorität liegt auf Essen, denn gefrühstückt hatten wir nichts an diesem Tag.
Wir haben uns nicht lange mit TripAdvisor oder ähnlichem aufgehalten und sind in den ersten Laden kurz nach dem Bahnhof marschiert. „Lotus Leaf“ sah von außen ganz gut aus und es standen viele Einheimische drin - die Blicke verrieten, dass man hier offensichtlich noch nicht so viele westliche Gesichter gesehen hat. Draußen auf einem Schild stand „Kottu Roti“ - juchu, das kannten wir aus Colombo ja schon, lecker! Wir setzen uns an einen Tisch und schauten etwas hilflos nach der Karte. „Menu?“ Kopfschütteln...ein Mann zeigte mit dem Finger Richtung hintere Ecke des Ladens. Dort war eine Art Marktstand aufgebaut auf dem etwa 25 kleine Tontöpfe mit verschiedenen Köstlichkeiten standen – von denen wir keine Ahnung hatten was wirklich darin war. Es duftete jedoch herrlich und die Einheimischen vor uns in der Schlange wählten munter jeweils 5 der Köstlichkeiten aus. Nur was ist das bloß? Und wie scharf ist das?
„Chicken, fish?“ Die Wahl fiel auf Chicken - und Tom deutete auf verschiedene Töpfchen, deren Inhalt gemeinsam mit einem riesigen Berg Reis und leckerem Papadam auf einem geflochtenen Teller landeten. Besteck? Blick links, Blick rechts – Fehlanzeige, man isst hier mit den Händen! Es war eine Premiere für uns (an den Göffel im Rucksack haben wir vor Aufregung irgendwie gar nicht gedacht...) Also griffen wir munter zu, natürlich mit der rechten Hand (die linke gilt als unrein) – die Einheimischen schauten verstohlen zu uns rüber und schienen sehr belustigt. Wir müssen wohl noch etwas an unserer Technik feilen. Man sortiert sich seine Portion aus allen Bestandteilen des Tellers zu einem Häufchen und manövriert dieses dann mit dem Daumen über die anderen vier Finger in den Mund. Ein Traum! Und, in unserem Fall, eine riesen leckere Schweinerei!
Gestärkt vom Curry haben wir uns dann auf den Weg zu Amuura gemacht. Da war sie wieder – die Frage, wie wir und unsere 2 Rücksäcke und noch die beiden Backpacks in nur ein Tuk Tuk passen sollten. An der Tuk Tuk-Schlange vorbei schleichend, haben wir mal ins erste kurz reingeschaut, dort war hinter den Sitzen eine fette Musikanlage verbaut - also war das nicht unser Gefährt. Der nächste Fahrer stopfte dann beide Taschen irgendwie hinter die Rückbank. Gehalten durch unsere Schultern ging die wilde Fahrt los. Wir fuhren durch ein muslimisches Viertel mit einem großen allabendlichen Fischmarkt, dort ist der Tourismus noch nicht so angekommen im Gegensatz zum 5 Kilometer südlich liegenden Bentota. Wir stoppten an der Tür zu Amuura und betraten unser Zuhause für die nächsten 6 Nächte.
Es folgte eine herzliche Begrüßung durch die Gastgeber Claire, Paulina, Charlotta und Amal sowie eine Führung durch das kleine Paradies. Überall hingen Hängematten, direkter Zugang zum Strand und einen Blick auf das Meer – alles perfekt um die Seele baumeln zu lassen. Die Haushündin Nana und die zwei Katzen lagen friedlich im Schatten und schliefen. Wir hatten im ersten Stock ein wunderschön eingerichtetes, riesiges Zimmer mit umlaufendem Balkon und Blick auf Palmen und die rauschenden Wellen im Meer.
Und es ging weiter mit dem Verwöhnprogramm, jeden Tag wurde ein leckeres einheimisches Frühstück bereitet und das Abendessen mit Unterstützung der einheimischen Madu frisch gekocht. Es ergab sich eine tolle Stimmung im gesamten Haus, wenn alle gemeinsam an den großen Tischen saßen um zu plaudern, Reisepläne auszutauschen, herzlich zu klönen und um Karten zu spielen. Wir haben tolle Bekanntschaften geschlossen und jede Menge Spaß zusammen.
Das absolute Highlight war aber das phänomenale Silvester-Dinner (mit Passionfruit-Mojito, Spinatsalat und -muffins, Haifischsuppe, Pasta mit Garnelen und einer leckeren Zitronencreme) an einer langen Tafel, eine Showeinlage mit mysteriösen Kartentricks, gekrönt durch eine abenteuerliche Tuk Tuk-Fahrt (zu acht in 2 Tuk Tuks!) an den nächsten Strand für das Feuerwerk.
Hier war der Teufel los, es mischten sich Einheimische und Urlauber aus des Strandresorts. Die Kinder standen mit großen Augen wartend und die Musikanlagen waren voll aufgedreht. Um zwölf gab es dann eine Salve selbstgebautes Feuerwerk, Wunderkerzen und Sekt aus Pappbechern. Dazu Meer an den Füßen und herzliche Umarmungen von allen. In einer Stranddisco wurde das Tanzbein geschwungen und Scharade gespielt (ihr wart großartig Judith & Yvonne!). Zurück im Guesthouse gab es tatsächlich noch Bleigießen und wir saßen bis in die früher Morgenstunden beim Weinchen zusammen.
Fröhlich und wehmütig zugleich, dieses Jahr das traditionelle Raclette-Essen mit Svenja und Bernd geschwänzt zu haben, fallen wir ins Bett. Ahoi 2017! Auf in ein aufregendes Jahr von dem wir die erste Hälfte mit unsere Reise verbringen und dessen zweite Hälfte noch so ungewiss ist. Uns stehen viele Abenteuer und Entscheidungen bevor, große Entscheidungen... vor denen wir uns vorerst erfolgreich drücken!
Das neue Jahr haben wir dann erst einmal mit Entschleunigung begonnen, in der Hängematte gelegen und viel gelesen, den Blog ausgetüftelt und den ersten Beitrag geschrieben, den (angeblich) größten sitzenden Buddha von Sri Lanka besichtigt, uns der weiteren Reiseplanung gewidmet, Karten gespielt, Hunde und Katzen gekrault, lecker gegessen und viel einfach mal nichts getan und die Füße still gehalten. Auch mal was Neues im Gegensatz zu den sonst akribisch geplanten Reisen in denen wir versuchen möglichst viel aus jedem Tag heraus zu holen. Entspannung und nichts tun, ein wundervolles Gefühl!
Wie im Flug vergingen so die Tage und obwohl wir die behütete, saubere und sooo leckere Amuura-Welt nur ungern verlassen wollten, wurde es Zeit für uns weiter zu ziehen und die Insel zu erkunden.
Es folgt also ein neuer Zug, ein neuer Ort, eine neue Unterkunft...
Special Credits to: Claire, Paulina, Carlotta & Amal von Amuura, Judith aus Zürich & Yvonne aus Winterthur, Jana & „Magik David“ aus Tschechien, Miriam & Andreas aus Luzern, Yaseen den Tuk Tuk-Fahrer, Madu die beste Köchin, René & Saskia aus München, Kevin aus Darmstadt, Emma & Eric aus Bern und die beiden Melbourneianer!
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Svenja (Sonntag, 15 Januar 2017 02:49)
Ich verstehe gar nicht, wie sich diese wundervolle Silvester Tradition Raclette nicht bis nach Sri Lanka durchgesetzt hat.
Außer Bernd hatte das dann wohl keiner von uns dieses Jahr - das holen wir dann nach, wenn ihr im Juli wieder da seid ;) mit Bleigießen!