von AK & Tom

Heute machen wir uns auf den Weg von Ella nach Ohiya und wir freuen uns schon, denn wir können endlich wieder mit dem Zug fahren, der uns als Fortbewegungsmittel deutlich besser gefällt als die rasenden Busse. Am Schalter war bereits eine Schlange obwohl dieser noch gar nicht geöffnet hatte - und wir wussten, es würde wieder voll werden heute. Kein Wunder, hier beginnt ja auch die Panoramastrecke und neben den Reisenden, die den Zug nutzen um von A nach B zu kommen und für die der Ausblick ein toller Nebeneffekt ist, fahren in diesem Zug auch allerlei Touristen mit, die sich von ihren Gruppenbussen am Bahnhof abliefern lassen und ein paar Stationen später wieder eingesammelt werden. In der Zwischenzeit rennen sie laut kreischend (ja, es waren wieder Chinesen an Bord) durch die Abteile und blockieren dauerhaft Fenster und Türen.
Die Lok kämpft sich die Berge nach oben und links und rechts ziehen wunderschöne grüne Teefelder, tiefe Schluchten und weite Reisfelder vorbei. An jeder Station kommen fliegende Händler an Bord und preisen lautstark ihr Angebot an. Das ist wirklich praktisch, denn auch wenn der Zug manchmal etwas länger an einem Bahnhof stand, haben wir uns nicht getraut auszusteigen um schnell etwas einzukaufen – man weiß ja nie wann der Abfahrts-Pfiff kommt. Ist ja nicht so, also gäbe es hier einen Fahrplan, der fein säuberlich gefaltet auf einem Tischchen liegt und an dessen minutiös ausgearbeiteten Zeitplan sich der Zug hält... So freuten wir uns also über die Händler, die uns während der dreistündigen Fahrt (für 50 Kilometer), wahlweise mit kaltem Wasser, frischen Mangos oder Rambutans, allerlei Nüssen und dem üblichen Sortiment an frisch Frittiertem versorgten. Diesmal trauten wir uns sogar etwas zu probieren und nachdem der Händler unsere fragenden Blicke in seinem Korb sah, deutete er mit dem Finger reihum auf die Dinge in seinem Korb und erklärte: „Fish, pork, egg, vegetable“. Wir entschieden uns für Gemüse und erhielten eine aus den Seiten alter Schulhefte gefaltete Tüte gefüllt mit kleine Bällchen aus Dahl (gekochte Linsen). Dazu gehört eine Portion rohe, rote Zwiebelringe, frittierte und gesalzene Chilischoten.
Wie haben also die Teigtaschen geschmeckt? Außen knusprig, dann etwas trocken und in der Mitte wieder saftiger. Zusammen mit den Zwiebeln und einem kleinen Stück Chili (bloß keinen Kern erwischen!) entfaltet sich ein wunderbares Geschmackserlebnis im Mund. Mittlerweile gehören die „Waaaadddeee, Waaaadeeee, Waaaadeeeee, Wadeeeeeeeeeee“ zu unserem Lieblingsessen im Zug.
Die restliche Zugfahrt bestaunten wir die vorbeiziehende Landschaft und beobachteten die Leute im Zug. Mit in unserer Sitzreihe saßen am Fenster zwei einheimische Mädchen mit allerlei Tüten und Rücksäcken. Beide kicherten die ganze Zeit und schauten sich immer wieder um und auf ihre Handys. Irgendwas ist da auf jeden Fall im Busch, Schatz! Plötzlich dann, fing ein Gewusel an, beide lehnten sich aus dem offene Zugfenster. Was machen die denn da, wollen die rausspringen oder was? Der Zug fährt ja nicht soooo schnell und wer weiß was die Einheimischen hier so alles praktizieren... Dem war allerdings nicht so. Die beiden Mädchen blieben im Zug, jedoch haben Sie tatsächlich eine große Tüte Gemüse, wohl die erledigten Einkäufe, und ihre beiden Rucksäcke aus dem Fenster des fahrenden Zuges ins Gras geschmissen und dann wild gewunken und wieder gekichert. Wahrscheinlich stand da die über Handy instruierte Person um die Sachen aufzusammeln. Tja, was man halt so macht. An der nächsten Haltestelle sind die beiden ausgestiegen und müssen nun offensichtlich 3 Teile weniger nach Hause schleppen. Nicht schlecht!
Ohiya liegt auf ungefähr 1.775 Metern und hat ca. 200 Einwohner. Hier ist rein gar nichts los, jedoch hat das Dorf für uns einen unschlagbaren Vorteil: es liegt nur 20 Minuten Tuk Tuk-Fahrt vom Horton Plains Nationalpark entfernt, der am nächsten Morgen unser Ziel war. Von der nächst größeren Stadt hätten wir sonst in der Früh über 2 Stunden Anfahrt gehabt.
Wegen „hier is nix los“ gibt es allerdings auch kaum Unterkünfte, weshalb wir uns in einem einfachen Homestay einmieteten. Wir gingen also den Berg runter und auf halber Strecke kam uns ein Mann entgegen gelaufen. Wie sich herausstellte war es unser Gastgeber für die Nacht, der uns fröhlich empfing und uns uns zu seinem Haus begleitete. Dort wartete schon die Familie, die uns wieder mehr als herzlich in ihr Haus aufnahm. Es lag wunderschön am Berg mit weitem Blick und liebevoll gestaltetem Garten mit kleinen Sitzgruppen aus Holzstümpfen. Offensichtlich hatte Mama eine Vorliebe für Blumen, denn überall hingen zum Trocknen aufgehängte Laken und Decken mit Blumenmuster in schrillen Farben.
Bislang war jeder, den wir auf der Insel kennenlernten, äußerst nett nur ist uns insbesondere hier wieder aufgefallen, dass je einfacher die Menschen leben, desto herzlicher sind sie um uns und unser Wohlergehen bemüht. Auch hier trifft das zu und so wurden wir sofort mit leckerem „Milk Tea“ und Toast mit Butter und Zucker (öfter mal was Neues) begrüßt. Die älteste Tochter geht auf eine Internationale Schule, spricht sehr gutes Englisch und war an so ziemlich allem interessiert. Vor allem der Kindle hatte ihr volle Aufmerksamkeit und so verzog sie sich erst einmal zum Lesen während wir vom Cousin der Familie eine kleine Dorfführung bekamen, in der alles über die örtliche Farmer und deren Produkte erfuhren. Der restliche Tag verbrachten wir mit den Kindern im Garten bis am Abend ein weiteres Pärchen aus Tschechien eintraf, mit denen wir da Abendessen lustig verbrachten und die auch am nächsten Morgen mit in den Nationalpark kamen.
Es folgte eine kurze Nacht und als es draußen noch schwarze Nacht war, zogen wir uns wieder die warmen Sachen an. Unsere Gastgeber waren auch schon wach und hatten uns, total süß, ein Paket für das Frühstück gemacht. Die frischen Rotis waren noch herrlich warm in der Tüte und als es um 6:00 Uhr bei ca. 5 Grad und ordentlich Fahrtwind vom Tuk Tuk los ging, wärmte die Tüte unsere Finger. Wir fuhren im Sonnenaufgang zum Parkeingang, eine magische Stimmung!
Eine Stunde später hatten wir die Tickets und standen am Startpunkt des Rundwanderweges.
Wo sind wir jetzt überhaupt? Die Horton Plains sind ein Plateau, das auf ungefähr 2.100 Metern liegt und die Landschaft am Eingang erinnert stark an die Wiesen in Schottland und Island.
Im Nationalpark gibt es zwei berühmte Aussichtspunkte, Little Worlds End und Big Worlds End. An beiden Punkten gehen die Klippen 210 bzw. 870 Meter senkrecht nach unten.
Vor uns lag eine elf Kilometer Wanderung vorbei an Wasserfällen und den beiden Aussichtpunkten bei denen man vor 10 Uhr sein sollte, sonst zieht der Dunst von der Tiefebene nach oben und man sieht nur noch eine weiße Wand.
Wir marschierten los uns genossen die Frische, kalte Luft. Die Gräser und Pflanzen am Wegesrand waren sogar von Raureif überzogen, der in der Morgensonne herrlich schimmerte und langsam zu schmelzen begann. Wir liefen flüsternd nebeneinander her und hofften Hirsche und Rehe zu sehen – sogar Leoparden sollte es hier mit besonders viel Glück zu entdecken geben.
Am Little Worlds End angekommen, eröffnete sich (in schwindelerregender Höhe und selbstverständlich ohne Geländer oder ähnliches) ein wunderschöner Blick ins Tal und die Sicht war einfach atemberaubend. Zwischenzeitlich hatte uns allerdings eine Gruppe Chinesen eingeholt und es war vorbei mit der Ruhe – stattdessen folgten die üblichen Fotoshootings mit Hüpfen und posieren.
Wir machten uns schnell wieder auf den Weg, der nun entlang des Bergrückens bergauf entlang eines Trampelpfad über Stock und Stein und durchs Gestrüpp ging. Als wir einen weiteren Berg überwunden hatten und die Fleecejacken nun wirklich zu warm wurden, erreichten wir den nächsten Aussichtspunkt. Auch hier wieder ein toller Ausblick auf die Nachbarberge und ins Tal - angeblich kann man von dort oben auch bis zum Meer schauen, leider hat es der Wettergott an diesem Morgen nicht so gut mit uns gemeint und in der Ferne war es diesig. Wir frühstückten den mitgebrachten Proviant gemeinsam mit einem ebenfalls hungrigen Streifenhörnchen und setzen unseren Weg fort durch geschwungene Täler mit Bachläufen, durch Wälder und weite Wiesen. Als wir die Baker Falls erreichten, waren bereits zwei junge Männer den Wasserfall hinauf geklettert und wurden so – bibbernd ob der wohl eiskalten Temperatur des Wassers – zum Fotomotiv für alle.
Pünktlich um 11 Uhr waren wir wieder zurück am Parkplatz und düsten nach Ohiya um unser Gepäck abzuholen, denn der nächste Zug fuhr bereits um 12:30 Uhr.
Und weiter geht die Reise!
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