AHOI GAMPOLA!

von AK & Tom

Die weitere Fahrt - insgesamt 5 Stunden von Ohiya nach Gampola - führte durch so grüne Teeplantagen, wie wir sie noch nie zuvor gesehen hatten, noch viel schöner als das erste Stück der Zugfahrt. Geschwungene Terrassen an endlos scheinenden Tälern. Dazwischen sah man immer wieder Teepflückerinnen mit bunten Gewändern und riesigen Körben. Kinder, die dem Zug winkten, kleine Dörfer und Wälder.

Gampola stand nicht in unserem Reiseführer, von dem wir sowieso mehr als enttäuscht waren. Wir haben zum ersten Mal einen Lonley Planet benutzt, weil wir dachten, dass wäre die erste Wahl der Backpacker und damit würde man bestimmt gut zurecht kommen - doch weit gefehlt. Jedes Mal wenn wir jemanden trafen, der einen orangenen Stefan Loose Reiseführer in der Hand hatte, fragten wir sofort, ob wir uns den mal kurz ausleihen durften.


Viele Städte und Orte waren im Lonley Planet nicht einmal aufgeführt und es fehlten ständig Karten und detailliertere Infos zu Transportmitteln und Abfahrtsorten. Auch die Stadt Gampola war einfach mal gar nicht enthalten. Eigentlich hatten wir die Stadt auch nur ausgewählt, weil sie entlang der Zugstrecke lag und wir nicht noch länger als 5 Stunden im Zug sitzen wollten um dann im Dunklen in Kandy anzukommen.

 

Nach unserer kleinen Odyssee erreichten wir am frühen Abend Gampola - eine Stadt mit ca. 26.000 Einwohnern in die sich wohl tatsächlich nicht so oft Touristen verirren. Zumindest wunderten wir uns schon sehr, dass uns bestimmt 10 Minuten, in denen wir den Bahnhof verlassen hatten und auf dem Bürgersteig standen, um uns zu beratschlagen, wie wir nun zum nächsten Homestay kamen, niemand ansprach. Keiner wollte ein TukTuk oder eine Unterkunft verkaufen, stattdessen verstohlene Blicke und die Frage „Selfie you me?“

 

Wir suchten uns auf der anderen Straßenseite ein Tuk Tuk aus und erwischten natürlich wieder einen Fahrer, der kein Wort Englisch verstand. Ihm kam jedoch ein weiterer Mann zur Hilfe, der im Homestay anrief und dann den Weg erklärte. Die Fahrt führte uns etwa 8 km außerhalb von Gampola und wir wunderten uns schon, ob wir richtig sind. Ein nicht enden wollender Weg bergauf und das Tuk Tuk stöhnte, aber der Fahrer war clever und hat immer neue Zickzack-Manöver vollführt, um uns den Berg hoch zu bringen.

 

Oben angekommen erwarteten uns Kumari und Chintaka an der Tür und wir betraten die bis lang luxuriöseste Unterkunft unserer Reise – ein riiiieeesiges Zimmer mit Sitzecke und Esstisch, eigenem großem Bad mit warmem Wasser und einen wunderschönen Balkon mit Bergblick! Wie es sich herausstellte sind die beiden mittlerweile im Ruhestand, haben sich ihre Traumvilla in den Berg gebaut und nehmen aus Spaß - und weil ihnen wohl ein wenig langweilig ist - Gäste bei sich auf. Sie war ihr Leben lang bei Sri Lankan Airlines und Er war im IT Bereich – eine gute Partie also und wir fanden schnell Themen zum Austauschen. Beide waren schon viel gereist in Asien und auch Europa und wir unterhielten uns blendend. Meiner Meinung nach (Tom) gab es hier das beste Reis und Curry auf unserer Reise, während bei meiner Frau immer noch das leckere Essen in Tangalle auf Nr. 1 stand (Amuura ist sowieso außen vor). Auf so einer Reise wird man ja von so vielen Mamas mit dem immer gleichen Essen bekocht, dass man ganz gut vergleichen kann.

 

Als wir auf Google die Stadt eingegeben haben um zu sehen, was man hier tun konnte, wurde uns ein Turm auf einem Berg angezeigt, der irgendwie wundersam aussah. Den wollten wir uns unbedingt anschauen. Der Turm war Teil des „Ambuluwawa Biodiversity Complex“, der auf einem Berg oberhalb der Stadt thront und wo die Weltreligionen friedlich nebeneinander versammelt sind. Wenn man die steilen Serpentinen mit dem Tuk Tuk erstmal überwunden hat, findet man, um den großen Turm arrangiert, eine kleine Moschee, einen Hindu Tempel, eine Kirche, einen Buddha und eine kleine jüdische Synagoge. Alle in Eintracht nebeneinander, ganz friedlich, alle können ihrem eigenen Glauben nachgehen und keiner will sich an den Kragen. Wäre schön, wenn man das Konzept auch fernab dieses Berggipfels in der Welt praktizieren könnte...

 

Die Synagoge war auch etwas besonderes, sie war ein kleiner Turm von etwa 20 Meter Höhe und als Stern gebaut. Ziemlich verwirrend wenn man hochsteigen wollte, da die Treppe der Sternform folgend außen entlang führte. Das absolute Highlight ist aber der 70 Meter hohe Turm der sich wie ein Korkenzieher gen Himmel windet und an die Architektur Hundertwassers oder feinste Zuckerbäckerei erinnert. Uns beiden wurde schlagartig schlecht als wir die Außentreppe sahen (insbesondere nachdem wir jetzt ja wissen, wie hier gebaut wird...) und nachdem wir die ersten Treppen im Inneren bestiegen hatten und außen auf dem Zwischenlevel standen, haben wir uns nicht mehr getraut weiter zu gehen - es war windig und eine große Wolke zog auf, die den Turm nach und nach in sich verschluckt... und besonders gut in Schuss sah das ganze aus der Nähe auch nicht aus... papperlapapp, faule Ausreden, wir sind einfach Angsthasen bei Höhen! Seit diesem Riesenrad auf dem Hamburger Dom in windiger, schaukelnder Höhe...

 

Dennoch finden wir, ist dieser Ort einer der beeindruckendsten auf Sri Lanka. Dennoch sind keine Touristen in der Stadt und auf dem Berg schon mal gar nicht. Der gesamte Komplex ist daher leider auch nicht besonders gut in Schuss (keine Eintrittsgelder, die zur Erhaltung genutzt werden könnten) – dennoch ein absolut magischer Ort!

 

Unser Tuk Tuk-Fahrer wartete mit unseren Taschen am Eingang und wir fragten uns, nachdem das TukTuk schon auf dem Hinweg nicht mehr mit der Steigung klar kam und wir ein ganzes Stück nebenher laufen mussten, ob die Bremsen auf dem Rückweg denn halten würden – doch der Fahrer sagte „200%“ fragt sich nur von wie viel...1.000%?

 

Unser überraschend schöner Tagesausflug war zu Ende und wir machten uns auf die kurze Reise nach Kandy – wieder mit dem Zug, so dachten wir zumindest anfangs. Ich war schon etwas gespannt, was denn wirklich für ein Gefährt kommt, denn im Internet stand: „Rail Bus“. Irgendwo in meinem Hinterkopf meldete sich einen Stimme: „Hey, als Kind hattest Du mal eine Modelleisenbahn, da gab es auch einen Schienenbus“. Also tatsächlich ein Bus, der auf der Schiene fährt.

 

Was dann vorfuhr ähnelte genau diesem alten Schienenbus, den ich mir vorstellt hatte. Aber dieser hielt nicht am Bahnsteig, sondern ein Gleis weiter. Gampola hat nur einen Bahnsteig und wir wunderten uns, warum die ganzen Kinder schon drauf und dran waren auf die Gleise zu hüpfen, um in den Bus zu klettern.

Nach 5 Minuten kam dann ein schüchterner Bahnangestellter zu uns und fragte, ob wir denn nach Kandy wollten. Wir bejahten und er zeigte dann auf das Schienenbus und meinte, wir sollten doch mal rübergehen und einsteigen. Wir schauten zwischen ihm und dem Vehikel und unserem Gepäck hin und her und fragten dann, ob wir über die Gleise müssten. Er nickte heftig und wir legten uns einen Plan zurecht, wie wir den Bahnsteig runter aufs Gleisbett kommen, die Taschen rüber hievten und dann in das Gefährt kraxeln konnten – möglichst ohne gegen irgendwelche Kabel zu komme oder zu fallen.... Als wir drauf und dran waren auf die Gleise zu steigen, kam dann der Chef des Bahnhofs zu uns umnd meinte, wir sollten bitte noch den nächsten Zug abwarten, der gleich in den Bahnhof einfährt.

 

Gesagt, getan. Der Zug in die Gegenrichtung war weg und Tom saß schon auf der Bahnsteigkante  und wollte grade springen. Da fuchtelte der „Busfahrer“ wild herum. Offensichtlich hatten sie es sich anders überlegt und wollten jetzt doch ans Gleis heran fahren... da kommen einmal Touris in die Stadt, da kann man das auch mal ordentlich machen. Wir sind uns sehr sicher, dass sonst alle über die Gleise einsteigen.

 

Die Fahrt war dann aber wirklich etwas Besonderes, in einer Mischung aus Zug und Bus. Der „Fahrer“ hatte eine Gangschaltung und drei Pedale, so wie im Bus, aber das wichtigste fehlte. Da, wo normalerweise das Lenkrad ist, hatte er eine Haltestange. Lenken braucht er ja nicht.

 

Was natürlich nicht fehlen durfte, ist die Hupe um die Leute auf den Gleisen lautstark zu warnen, dass wir angetuckert kamen. Eine gemütliche Art des Reisens – nächster Halt: Kandy!

 


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