von AK & Tom

Die Nacht hatte sich über Bangkok gelegt als wir im Westen der Stadt am Busterminal ankamen. Keine einladende Gegend hier und irgendwie gruselig. Alle Geschäfte hatten schon zu und wir brauchten etwas um den Schalter für das Busticket im Obergeschoss zu finden. Hier tauschten wir unseren Voucher gegen zwei Bustickets und wurden nach draußen geschickt. Der Bus war schon startklar und wir staunten nicht schlecht. Hey, der Bus sah ziemlich gut aus! Doppeldecker, modern, bequeme Sitze, sauber, Kissen und Decke, alles da. Um uns herum eine Reisegruppe älterer russischer Herrschaften. Aha, die wollen also auch nach Ranong. Scheint ja ein Rentnerparadies zu sein dort. Naja, wir bleiben ja eh nicht dort sondern setzen gleich über auf die Insel Koh Phayam. Die soll ein Geheimtipp sein und nicht so von Touris überlaufen, eher einfach aber schön.
Wir machten es uns im Bus bequem und schon ging die Fahrt los. Die Zeit vertrieben wir uns mit Serien gucken und hin und wieder dösten wir tatsächlich weg. Die Fahrt war viel bequemer als erwartet und dass irgendwann nachts mal ein Polizist durch den Bus lief, haben wir gar nicht so richtig mitbekommen.
Und schon begann der Morgen zu dämmern und wir waren da, irgendwo im nirgendwo. Wir wurden aus dem Bus ausgeladen und in kleine Transporter gequetscht, die uns zum Pier bringen sollten. Uns und die ganze russische Reisegruppe. Komisch, ich dachte die bleiben in Ranong? Die wollen doch wohl hoffentlich nicht auch alle nach Koh Phayam? Das kleine, untouristische Inselchen? Kann ich mir nicht vorstellen, die passen doch viel besser nach Phuket oder so. Ist doch auch viel bequemer dort hin zu kommen, viel komfortabler, viel bessere Infrastruktur und so. Die buchen doch bestimmt im Reisebüro und wälzen keine Travelblogs über möglichst untouristische Inseln...
Nach einer kurzen Fahrt und einem – zum Glück – noch kürzeren Aufenthalt am arg nach Fisch stinkenden Pier in Ranong, saßen wir und die Rentnergruppe mit Rettungswesten auf dem Speedboat Richtung Koh Phayam. Die wollen da tatsächlich auch hin!? Scheint ja ein wahnsinniger Geheimtipp zu sein... wir wunderten uns schon irgendwie etwas.
Gut 35 Minuten später kamen wir auf der Insel an und strahlten bis über beide Ohren. Jetzt sind wir ganz, ganz kurz davor unsere Freunde zu treffen. Morgen, noch einmal schlafen bis wir Onno und Hase in die Arme schließen können. Bis wir den kleinen Charlie und seine Mamas kennen lernen. Doch zuerst sollten wir einen anderen Hamburger kennen lernen: Juppi.
Juppi sah aus wie ein waschechter Thailänder, graues wildes Haar, schiefe Zähne, etwas zerrupft, und schmetterte uns, kaum am Ende des Piers angekommen, ein lautes „Moooooooin!“ entgegen. „Äh, wie bitte?“ Hatte der gerade Moin gesagt? „Ihr seid doch Deutsche, nech?“ „Äh, ja...“ „Und woher?“ „Äh, aus Hamburg“ „Ach Mensch echt, ich war ein Jahr aufn Lattenkamp“ Soso. Komischer Vogel dieser Juppi, aber nett und hat die besten Geschichten auf Lager. Wir plauderten also mit Juppi über seine guten alten Zeiten und erfuhren, dass fast nur Deutsche auf die Insel kommen, so 80% - und russische Rentnerreisegruppen wohl, dachten wir.
Genug geplaudert, etwas zerknittert von der Reise wollten wir in unsere Hütte und erst einmal ankommen. Da der Gepäck- und Gästetransport auf Koh Phayam mit Rollern funktioniert (Autos gibt es auf der Insel gar nicht) organisierte uns Juppi zwei Rollertaxen und schon düsten wir einmal quer über die Insel. Ich verschwendete noch einmal einen letzten Gedanken an die russischen Rentner, die nach Flug, Nachtbus und Speedboat jetzt wohl auch noch Roller fahren mussten, bevor wir sie auf der Insel nie wieder sahen.
Unser kleines Resort „Little Hut“ lag in zweiter Reihe zum Strand, einfache Bambushütten mit Wellblech, aber wirklich schön, mit bequemem Bett, Außenbad und nettem kleinen Café. Schnell die Sachen verstauen, das unnütze großmaschige Moskitonetz abhängen, das eigene Profinetz fachmännisch installieren und ab zum Strand: frühstücken, sonnen, aufs Meer gucken, lesen, wir verbrachten einen herrlich faulen Tag und freuten uns auf die kommenden.
Am nächsten Morgen wachten wir früh auf, sehr früh. Puh, was für eine Hitze! Was war denn nun los? Durch den Fensterladen schien die Sonne in einem grellen Strahl genau in mein Gesicht und halb wach fühlte ich mich wie in der Sauna. „Schatz, ich geh kaputt, ist dir auch so warm?“ - „Frag nicht“ raunte es rüber - „Ich fühle mich wie in der Sauna. Wie viel Uhr ist es überhaupt?“ - „Kurz nach 7“ - „Waaas?“ Schlaftrunken robbte ich zum Bettrand, verfing mich mal wieder im Moskitonetz (ach ja, Profinetz – hat kein Eingang, muss man drunter durch krabbeln, ist sicherer und so...) und schlurfte Richtung Tür. Noch kurz wie wild am Schloss fummeln und schon schwingt die Tür laut knirschend auf, knallt von außen an die Hütte, tut einen riesen Schlag (ups) und wir haben wieder Luft. Ich ging ein paar Meter, drehte mich um, rieb die Augen und sah das Dilemma. Da stand sie also, unsere „Little Hut“, als einzige nicht geschützt vom Schatten der großen Bäumen. Die Morgensonne hatte also munter fröhlich stundenlang aufs Wellblech gebrutzelt und dafür gesorgt, dass wir in einer „Little Sauna“ aufgewacht sind. Ein Hüttenwechsel musste her!
Weil wir nun sowieso schon wach waren, beschlossen wir den Morgen wieder am Strand im lieb gewonnenen „JJ Restaurant“ zu verbringen und hofften, dass unsere Freunde uns hier finden würden – mangels Wifi hatten wir keinen blassen Schimmer, wie die Reisepläne genau waren und mit welchem Boot sie auf der Insel ankamen.
Es war gegen Mittag als eine braun gelockte Frau mit blondem, zuckersüßen Jungen auf dem Arm durch den Sand stapfte. „Heeeey, die kennen wir doch!“ es waren Uli und der kleine Charlie. Eeeeendlich! Während die anderen noch mit ihren Rollern das Gepäck vom Pier zum Resort fuhren, machten wir uns schon einmal bekannt und wenig später konnten wir auch Onno und Hase in die Arme schließen und Franzi und Tim begrüßen. Jetzt waren wir plötzlich eine bunt gemischte, große Runde und es war ein witziges Gefühl Gesichter, die fest mit Hamburg verbunden sind, plötzlich auf einer Insel in Thailand zu treffen. Grandios!
Die nächsten fünf Tage verbrachten wir ganz entspannt miteinander, saßen am Strand, plauderten, aßen die Karte unseres kleinen Stammrestaurants hoch und runter. Es gab leckeren gerillten Fisch und Curries, Papayasalat und Frühlingsrollen. Dazu die Füße im Sand und das ein oder andere kühle Bier! Ein Strandspaziergang hier, plantschen im Meer dort, der kleine Charlie fröhlich mitten drin.
Unsere Freunde waren ein bisschen schlauer als wir und hatten sich gleich am Pier fünf Roller gemietet, von denen wir einen zur Erkundung der Insel mitbenutzen durften. „Bist du überhaupt schon mal Roller gefahren?“ fragte ich Tom. „Ja klar!“ Ok gut, ich wusste nur, dass es nicht in den letzten 16 Jahren gewesen sein kann, die wir uns nun schon kennen. „Und du kannst das auch sicher? Auch mit mir hinten drauf?“. „Ja, wird schon gehen, ist wie Fahrrad fahren!“ und schon düsten wir los – natürlich ohne Helm. Ich krallte mich fest, „nicht so schneeeeell“ rief ich bei wahnsinnigen 10 km/h, mit denen wir den betonierten Weg lang schlichen. Alles war gut, Tom fuhr super und ich entspannte mich. Eigentlich finde ich Sachen mit Geschwindigkeit ja auch großartig – ich mag Auto fahren, Quad fahren find ich super, mit dem Skidoo über den Gletscher in Island konnte es mir nicht schnell genug gehen. Wieso bin ich eigentlich noch nie Roller gefahren? Ach ja, weil ich mich immer gefragt hab, ob ich mit den Füßen wohl zum Boden komme, oder ob ich an der Ampel wohl umfallen würde... Naja, das konnte ich ja jetzt testen! Nach einer kurzen Einweisung und dem Hinweis von Uli den Gashebel zum Halten bloß nicht instinktiv nach hinten zu drehen, wagte ich meine erste Runde. Geradeaus, kein Problem, anhalten und nicht umfallen auch kein Problem, Kurve fahren und gleichzeitig Bremsen – ah Mist, zu kleine Hände ... Haaaaaalt! Ahhhh stimmt, das macht wirklich keinen Sinn mit der Gasrichtung, ist aber bestimmt Übungssache... ich übe das irgendwann... solange fährt wohl lieber Tom, sieht auch komisch aus sonst, wenn der Riese hinten mit fährt.
Wir entdeckten also die Insel, fuhren zum anderen Strand an dem die "Hippie Bar" – ein riesen Piratenschiff gebaut aus Treibholz in einer wunderschönen Bucht mit seichtem, klaren Wasser. Fuhren zu einer großen Buddha-Statue mit eigenem Duschkopf (wtf?), die auch hier nicht fehlen durfte und verirrten uns in ein Mönch-“Camp“ im letzten Zipfel der Insel. Wir machten uns auf die Suche nach dem besten Spot auf der Insel mit Internet und landeten in einem Luxusresort, wo alle ihren Online-Nöten frönen konnten. Wir hatten uns zwar extra eine SIM-Karte gekauft und uns informiert, welches Netz auf der Insel am Besten funktionieren würde, aber leider reichte es nie aus um unsere Reise weiter zu planen oder gar einen Flug zu buchen. Nix für Spontanplaner diese Insel! Hier ist alles eher entspannt und relaxt, abgeschnitten von der Außenwelt. Eigentlich auch gar nicht so schlecht...
Bestens geeignet zum Beispiel für Autoren, genau so einen trafen wir nämlich auch. Er nutze die Strandbar als Schreibort und ich hatte ihn die letzten paar Tage schon immer wieder beobachtet und mich neugierig gefragt, was er wohl so schreibt. Eines Abends, wir kamen gerade von einer ziemlich erfolglosen Runde über den Strand auf der Suche nach guten Cocktails wieder in unserem “JJ Restaurant“ an, da gesellte er sich mit einer Flasche Sam Song (thailändischer Rum) und Eiswürfeln zu uns an den Tisch. Vom Besitzer der Bar beauftragt irgendwann dicht zu machen, saßen wir im Dunklen mit einer Kerze am Strand und plauderten mit dem schrägen Autor und Filmemacher aus Dänemark bis tief in die Nacht. Die Quittung für die leer getrunkene Flasche Rum bekamen wir am dann am verkaterten nächsten Morgen...
Also erst mal wieder relaxen, lesen, quatschen, Insel erkunden und eine grandiose Zeit verbringen. Die Tage vergingen wie im Flug und obwohl wir noch zwei Nächte verlängert hatten, kam der letzte gemeinsame Morgen viel zu schnell. Traurig, weil die gemeinsame Zeit so toll war, und fröhlich zugleich verabschiedeten wir uns am Pier und wenig später war Koh Phayam nur noch ein kleiner Punkt am Horizont. ES WAR GANZ GROSSARTIG MIT EUCH!
Doch während für die anderen noch eine zweite Insel in Thailand auf dem Programm stand, wollten wir nach Myanmar weiter reisen. Auf uns wartete unser erster Grenzübergang im Longtail-Boot!
Nächster Halt: Kawthaung
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